Die vorliegende Geschichte wurde durch den Autor den Fängen der primitiven Ausdrucksweise im Gespräch mit dem einfachen Polizisten entzogen und verbal ein bisschen aufgemotzt, entspricht aber sonst 100% den Geschehnissen.

Ich fahre morgen ja bekanntlich mit meiner RSV Mille R mit JuraRacing gen Süden nach Valencia auf die Rennstrecke, um in der Folge fünf Tage sinnlosestens Kabel zu geben und endlich meine jahrelangen Ansagen ehrenvoll einzulösen. Es steht überhaupt nicht zur Diskussion, dass ich mich extrem auf diesen Event freue – es wird sicher geil werden und hoffentlich finde ich noch einen adäquaten Partner für das 4 h-Rennen, so dass ich dort mitmachen kann.

Wie dem auch sei – ich habe in letzter Minute festgestellt, dass ich noch einige Sachen für meine Renn-Exkursion brauche und so machte ich mich mit der Mille auf den Weg Richtung Bern. Da die Strecke über den Berg witterungsmässig im Moment nicht unbedingt so der Bringer ist, habe ich die Bahn genommen – schlechte Entscheidung, wie sich erst später herausstellen sollte…

Die Bahn gehört ja nun einmal wirklich nicht zum Spannendsten, was die Motorradwelt anzubieten hat, doch taugt sie (meistens) sehr gut, um möglichst schnell von A nach B zu kommen – von mir aus erst einmal mit rund 200 Sachen in Richtung Schönbühl, dann hier und dort ein paar Autos links und rechts überholen und bei der Auffahrt Richtung Bern in Schönbühl eine Lücke erspäht und über die Sicherheitslinie rausgefahren und dann noch einen von der dritten Spur herunter fahrenden Autofahrer mit wenig Abstand überholt. Halt so richtig AceMan-mässig.

Dann hat’s plötzlich aus einem dunkelgrauen 850er-BMW wie wild blau geblinkt – es war entgegen meinen ersten Vermutungen nicht der Weihnachtsmann mit einem blinkenden Christbaum, sondern ein in dunkelblau gekleidetes Traumpaar… *riesenseufz* So habe ich ihnen dann angezeigt, dass ich mich auf der nächsten Autobahnraststätte den Händen des Gesetzes zur Verfügung stellen würde – hätte ich doch bloss mein Nummernschild auch schon für die Rennstrecke abgebaut, denn im Stossverkehr hätte die Polizei keine Chance gehabt…

So bin ich dann halt auf den Parkplatz rausgefahren und habe mit ein paar dezenten Gasstössen [tm] das ganze Programm gut hörbar runtergeschaltet – dann war die Freude vorbei ;/ Mann und Frau Polizist stiegen dann mit ihrem Wundes-Arsch+Schritt-Manöver aus der Karre aus und ihre erste immer sehr gut ankommende Frage war natürlich, ob ich’s denn eilig hätte – ja klar hatte ich es eilig, denn ich wollte ja erst nach Bern in einen Motoshop und dann noch nach Langenthal zu Motorex… Um der ganzen Situation gebührend Ehre zu erweisen, muss ich an dieser Stelle den Dialog wiedergeben.

Polizist: Sagen Sie mir bitte, was Sie alles nicht richtig gemacht haben.
Reto: Ich habe ein bisschen knapp überholt, vielleicht war ich auch ein wenig schnell – keine Ahnung, wie lange folgen Sie mir denn schon?
Polizist: überlegen Sie haarscharf.
Reto: Keine Ahnung – Sie werden’s mir aber sicher in Kürze sagen, oder?
Polizist: Die Sicherheitslinien gelten wohl nicht für alle, was?
Reto: Ach ja – ich habe eine Lücke gesehen und mit dem Motorrad hat man so schnell beschleunigt, dass…
Polizist: …und dennoch – Sie sind nämlich genau das Image des Motorradfahrers, gegen das wir Tag für Tag ankämpfen und abgesehen davon fahre ich selber Patrouille. Diese Witterungsbedingungen (Anm.d.Autors 0 °C und Hochnebel) sind auf jeden Fall nicht dazu geschaffen, so wie Sie eben fuhren zu fahren – es ist Ihnen vielleicht verborgen geblieben, dass dies noch nicht die Rennstrecke ist!
Reto: Das ist mir völlig klar, doch ich habe ja überhaupt niemanden gefährdet, noch habe ich den Verkehrsfluss in geringster Weise behindert!
Polizist: Darf ich einmal Ihre Maschine anwerfen? Sie scheint mir definitiv zu laut!
Reto: Ja klar – ist alles 100% original. Da können Sie Ihre ganzen Weihnachtsferien darauf verwenden, irgendwas nicht Originales zu finden.
Polizist: *zündschlüsselgedreht* Was – 30’000 km? Seit wann haben Sie denn das Motorrad schon?
Reto: Seit März diesen Jahres.
Polizist: Sie sind also ganz schön rumgekommen…

Dann wirft der Polizist die Mille an (nachdem er ungefähr zwei Minuten gebraucht hat, um den Leerlauf zu finden) und seine weibliche Partnerin (soviel ich sehen konnte, war sie kein Mann, was sie also zur Frau machen würde) zuckt wie von der Tarantel gestochen zusammen und verzieht den Mund wie eine Person, die gerade eine Begegnung mit dem Teufel hatte. Sie ist dann sehr froh, als ihr Streifenkollege die Maschine wieder abstellt…

Polizist: Ist ganz schön laut – in meinen Augen ist das sicher viel zu laut.
Reto: Wie ich Ihnen bereits gesagt habe – an meinem Motorrad ist alles original und abgesehen davon sollten Sie vielleicht in Ihr Urteil mit einbeziehen, dass dies ein italienischer V2 und nicht so ein schwuchtliger Japan-4er ist, bei dem man nie genau weiss, ob er läuft oder nicht.
Polizist: Ich rufe einmal meine Kollegen an – die werden’s dann messen und ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie mit diesem Motorrad noch weit fahren werden!

Dann ruft er seine Kollegen (aka Spezialisten) an und ich komme endlich zu meiner ersten Lärmmessung, nachdem wir ungefähr eine halbe Stunde in der Kälte zubringen mussten – das gab mir natürlich Gelegenheit, mit den beiden Streifenfahrer ein bisschen zu quatschen und sie unter anderem auch zu fragen, warum denn die Polizei als Motorräder immer BMW hätte. Darauf meinte er, dass man auf einem Motorrad wie der Mille unmöglich einen ganzen Tag sitzen könne, was beweist, dass alle Polizisten Schwuchteln sind. Zum Glück konnte ich meine 1000 km-13 Pässe-Tour als Gegenargument gerade noch einmal runterschlucken, denn sonst wäre ich wohl gerade auf der Stelle hingerichtet worden.

Nach jedem zweiten Satz hätte ich dem Polizisten am liebsten ins Gesicht gesagt, dass er doch nur eine neidische, gottverdammte Schwuchtel und nicht ein richtiger Motorradfahrer sei – ich habe aber in meinem Interesse darauf verzichtet, konnte mir aber zum Teil ein Grinsen nicht verkneifen.

Nach langer Zeit und etwelchen langweiligen (aber vertraünsgewinnenden) Dialogen sind dann endlich die Messgehilfen gekommen, welche aber eigentlich (für Mitglieder der Schnittlauch-Familie) ziemlich cool waren – sie sind ausgestiegen und haben erst einmal ehrfürchtig drei Runden um die Mille gedreht.

Lärmer: Ich glaube kaum, dass dieses Motorrad zu laut ist, denn es ist halt ein italienischer V2 – die dürfen ganz schön mächtig dröhnen.
Polizist: Wart’s nur ab, bis Du erst einmal den Motor angeworfen hast!
Reto: Wie gesagt – es ist alles original.
Lärmer: Sie sind mit der Maschine auch schon gelegen, gell?
Reto: Auf der Rennstrecke, wenn man endlich einmal ans Limit gehen darf, kann’s halt schon passieren.
Lärmer: Wie lange haben Sie denn die Mille schon?
Reto: Seit März diesen Jahres.
Lärmer dreht den Zündschlüssel.
Lärmer: Und bereits 30’000 km gemacht?
Reto: Man kommt halt so rum…

Lärmer drückt den Starterknopf, lässt ein bisschen blubbern, bevor er genüsslich das Gas aufreisst – die Augen der beiden Lärmbrüder sind vor lauter Grinsen kaum mehr zu erkennen. Dann stellt er wieder ab.

Polizist: Was habe ich Dir gesagt – diese Maschine ist viel zu laut und gehört aus dem Verkehr gezogen!
Lärmer: Ich bezweifle, dass diese Maschine zu laut ist, doch wenn wir schon hier sind mit all dem Kram, dann können wir schon eine Lärmmessung machen – mir spielt’s keine Rolle und das ist auch schnell gemacht.

Die beiden Lärmmess-Spezialisten beginnen im Kofferraum ihr Equipment zusammen zu suchen und schrauben hier und da noch was rum. Als sie nach fünf Minuten dann keinen Abnehmpunkt für die Drehzahl an der Mille mit und aber auch ohne Verkleidung gefunden haben, beschliessen sie, dass sie einfach nach dem Cockpit-Drehzahlmesser gehen würden, denn so ist mindestens einmal eine grobe Grössenordnung ersichtlich.

Auf die Plätze, fertig, los – die Lärmmessung hat sich als ein ganz lustiges Prozedere erwiesen. Der eine Typ sitzt auf der Mille, dreht hoch, hält das Niveau bei 4’600 rpm, winkt mit der Hand, sagt „ok“ und lässt die Drehzahl wieder zusammen fallen – 96 dB steht auf der Anzeige.

Polizist: Ich hab’s ja gesagt, dass dieses Motorrad viel zu laut ist!
Lärmer: Eingetragen sind 96 dB für diesen Typ und daher ist diese Maschine überhaupt nicht zu laut – sie dürfte sogar noch 5 dB lauter sein und wäre immer noch in der Toleranz. Es stimmt natürlich schon, dass es noch lauter ist, wenn er jetzt vor Dir fahrend voll das Gas aufreisst, doch wir können keine dynamische Messung machen.
Polizist: Miss noch einmal.

Darauf misst er noch einmal, wobei hier dann nur 95 dB rauskommt – die Lärmmessung war also für die beiden Streifenhörnchen ein grosser Reinfall und besonders die Frau hat sich extrem genervt. Sie gab mir ganz zerknirscht meine Papiere zurück und meinte, dass ich jetzt frei verfügen kann – über die Höhe der Strafe für meine andere Heldentat würde ich dann zum gegebenen Zeitpunkt vom Gericht erfahren.

Reto: Das kommt halt davon, wenn man nicht anständig ist.
Polizist: Nein, wenn man nicht anständig fährt – anständig waren Sie ja 🙂
Reto: Es bringt ja nichts – Sie machen Ihren Job und ich versuche möglichst schnell von A nach B zu kommen. Heute hat’s mich halt leider erwischt.

Die beiden Streifenpolizisten steigen wieder in ihre Dose ein und fahren ein wenig betrübt von dannen, während ich mit den anderen beiden noch ein bisschen diskutiere und wir noch gemeinsam eine Zigarette rauchen – die waren wirklich cool und wir waren kurz davor uns Du zu sagen. Dann meinten sie noch, dass ich ein bisschen vorsichtig fahren soll, da die Reifenhaftung unter diesen Bedingungen ja auch nicht unbedingt als optimal bezeichnet werden kann. Ich erwiderte, dass ich dies durchaus in der Rechnung hätte und es eigentlich kein Problem sei, zumal ich noch einen Tourenreifen montiert hätte, der ein bisschen weniger Temperatur braucht, bis er warm ist. Daraufhin haben beide breit gegrinst und haben sich verabschiedet – bei der nächsten Kreuzung habe ich sie dann mit einem kräftigen Gasstoss überholt und sie haben über’s gesamte Gesicht gestrahlt.

Was sehr doof begonnen hat, fand zu guter letzt dann noch ein gutes Ende – wenn nur nicht das Damoklesschwert der mir vom Gericht auferlegten Busse wäre. Mindestens weiss ich jetzt aber, dass meine Mille 96 dB abdrückt, was IMHO für alles 100% original nicht allzu schlecht ist.

Das waren meine teuersten je gekauften Knie- und Schuhschleifer.

Wenn alles geklappt hätte, wäre ich vorgestern sogar noch mit der Renntüte unterwegs gewesen – das wäre dann wohl sehr teuer und vor allem auch mühsam geworden.

Das Image des Motorradfahrers

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