Wir hatten was zu erledigen, was wirklich wichtiges, deswegen machten wir uns Ende August auf zum Cime de la Bonette. Ganze vier Tage hatten wir Zeit, An und Abreise inklusive, bleiben zwei weitere Fahrtage in den Alpen. Also Stürmer zusammenkratzen, fix im Le Grand Aigle ein paar Zimmer gebucht, und sehr früh morgens los.
Halb acht in Rheinfelden, kurzer Fotostopp in Montreux, halb elf in Martigny an Mountys Tanke. Nachdem etwa eineinhalb Stunden zu spät auch der Letzte an die Zapfsäule rollte ging es erst über den Großen dann den Kleinen St. Bernhard, Col de l’Iseran, Col du Mont Cenis und noch einige kleinere Pässe nach Briançon. Kaum 15 Stunden nach meiner Abfahrt zu Hause stellten wir die Moppeds vor dem Hotel ab.
15 Stunden? Ja, immerhin sind es für mich über 650 km, dazu noch die länglichen, bst üblichen, Esspausen, eine geschlossene Tankstelle und nach dem Tanken in Tignes bei Val-d’Isère will Davids Tiger nicht mehr anspringen, die Batterie hat von jetzt auf gleich den Geist aufgegeben. Wie durch ein Wunder hat die kleine Autowerkstatt an der Tankstelle eine passende Batterie irgendwo unter dickem Staub im Lager gefunden. Wer’s immer noch nicht weiß, hat es spätestens jetzt bemerkt: wir sind im Auftrag des Herrn unterwegs.
Vor dem Schlafengehen um die Ecke noch schnell was sehr teures einwerfen, dann mit viel Vorfreude rein ins gemütliche Bett.

Der zweite Tag beginnt mit einem Megafrühstück der Extraklasse.  Um 11 Uhr machen wir uns auf den Weg zum Cime de la Bonette, dem eigentlichen Ziel dieser kleinen Reise.
Wir tanken alle voll und auf geht’s über den Col de Vars nach Barcelonette. Bei Bilderbuchwetter nehmen wir uns die wunderschöne Auffahrt zum Col de la Cayolle vor. Ein Wahnsinn, wie sich die schmale Straße am Flüsschen entlang durch den Fels windet. Pause im Freisitz der Auberge Roche Grande in Entraunes. Eigentlich haben sie schon zu, aber für ein paar Salate und anschließenden Cafes mit Zitronentörtchen macht das sehr sympathische Wirtspaar gerne eine Überstunde. Wir befinden uns am südlichsten Punkt der Tour, als wir Richtung Col de la Bonette fahren, und das spürt man deutlich, denn die Sonne brennt uns so richtig auf den Pelz – mir gefällt’s. Wir sind schon recht nahe am Mittelmeer, doch meine Hoffnung in Menton einen Cafe au Lait am Strand zu trinken muss ich leider begraben, zu groß ist das Restprogramm des Tages. Gegen 18 Uhr erreichen wir dann den Cime de la Bonette, wo uns Mounty schon sehnsüchtig erwarte. Gesundheitliche Probleme zwingen ihn zur Anreise mit dem Auto. Respekt, dass er sich es nicht nehmen lässt dabei zu sein, wenn wir Ingolfs letzten Wunsch erfüllen.
Abfahrt nach Jausiers, im Sonnenuntergang über den Col de Vars, übrigens ein genialer Pass zum Andrücken, egal wie oft und von welcher Seite, zum vietnamesischen Abendessen auf der Terrasse vom Feuille de Banane in Guillestre. Mit vollen Bäuchen und dem guten Gefühl unseren Auftrag bestmöglich erledigt zu haben, fahren wir mitten in der Nacht direkt zum Hotel. Raus aus dem Leder und rein in die Bar, wo das heute Erlebte verbal verarbeitet wird.

Auch der dritte Tag beginnt mit dem Hammer-Führstück, Abfahrt um 11, fast alle tanken in Briançon bevor wir uns bei bestem Wetter auf den Col d’Izoard schwingen. Weiter zur französisch-italienischen Grenze auf dem Colle dell‘ Agnello, wo wir ganz im Gegensatz zur letzten Alpentour eine herrliche Sicht in alle Himmelsrichtungen haben.
Runter nach Sampeyre, wo ein Schild die Auffahrt zum Pass für Zweiräder wegen schlechter Straßenverhältnisse verbietet. Während wir kurz überlegen kommt ein italienischer GS-Fahrer von oben und meint „the road is ok“. Alles klar. Die Straße war dann tatsächlich nicht im besten Zustand, aber auch für die Sportler unter uns kein Problem. Naja, nicht ganz, die ZX9R hat etwas Kühlwasser abgelassen, aber während wir auf dem Colle di Sampeyre die Aussicht genießen ist genug Zeit für die Selbstheilung.
Unweit des Gipfels bestellen wir uns zwei Schalen Polenta im Rifugio Escursionistico „La Sousto dal Col“, und starten gut gesättigt Richtung Colle dei Morti. Auf dem Weg eben dorthin, verlangte der Boardcomputer von Tinus fast neuer GS vehement nach Spirt, die nächste Tankstellen schien zu weit entfernt, deswegen gibt es auf der Stelle zwei Liter Benzin durch Fremdbetankung von Marcs Rockster.
Vom Colle dei Morti talwärts nach Demonte, wo wir dann alle an einer urigen Tanke die Kisten befüllen. Schon im nächsten Ort warten wir geschlagene fünf Minuten an einer roten Ampel wegen einspuriger Ortsdurchfahrt, und ein paar Kilometer später gleich wieder eine Unterbrechung, denn Dirk und Mitch verabschieden sich Richtung Pyrenäen. Alle anderen fahren weiter Richtung Briançon, gut, dass wir da nochmal über den Col de Vars dürfen, Abendessen im La CaBassa in Chantemerle. Hotel, Bar, Bett.

Leider müssen wir heute schon wieder nach Hause fahren. Da es doch ein paar mehr Kilometer sind, starten wir schon um 9, natürlich nicht ohne auf das fürstliche Frühstück zu verzichten. Bezahlen, tanken, (heute wieder alle) genüsslich rauf auf den Col du Galibier und weiter zum Col de la Madeleine. Dort müssen wir wegen eines Radrennens eine gute Stunde warten. Zwischen Chamonix und Martigny zum ersten Mal überhaupt bei dieser Tour viel Verkehr, es geht teilweise nur zäh voran. Irgendwann sind wir dann aber doch bei Mountys Tanke angekommen, und stärken uns mit den Lunchpaketen, die wir vom Grand Aigle mitgenommen haben. Ab jetzt gibt’s für bst-Nord nur noch Autobahn durch die Schweiz bis nach Hause, nicht weiter erwähnenswert.

Schade, dass erst jemand sterben muss, damit wir mal wieder eine Alpentour zusammen fahren. Ruhe in Frieden Ingolf und Danke für alles.

Bilder auf der nächsten Seite.

Alpentour 2017
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Ein Kommentar zu „Alpentour 2017

  • 02.12.2017 um 22:29 Uhr
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    Danke fürs Hochladen der Fotos! War eine geniale Tour, bei der wir viel erlebt haben und viele superschöne Pässe gefahren sind. Ingolf hatte zwar von seinem Sitzplatz aus nicht die beste Sicht auf die Landschaft, aber die Strecken hätten ihm garantiert auch gefallen. Und die beste Aussicht hat er ja jetzt!

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