Die Idee war schon länger in meinem Kopf, als wir im Dezember 2009 den Termin für die LGKS Tour 2010 festgelegt haben. Irgendwie muss man ja mal einen Anfang machen, und den Termin bestimmen ist meiner Meinung nach der beste Anfang. Wann und wo in etwa ist damit schon mal klar, jetzt noch ein paar Leute mit Offroad-tauglichen Moppeds zusammenkratzen und los geht’s.
Lange Zeit war dann wieder gespannte Stille, bis ich Anfang August die eigens dafür angelegte Liste mit einer Hotelbuchung aus den Träumen riss. Albergo Panice für 45 € pro Person mit Halbpension sind günstig genug, die Lage am Fuße des Tende scheint mir ideal. Nach einigen kleineren Diskussionen wer mit wem und warum oder auch nicht haben wir noch einen Anhänger für sechs Motorräder gemietet, den Beeze mit seinem Land Rover in’s Piemont ziehen soll.
Am Abend vor der Abreise trafen wir uns alle beim Germ um mit Fleisch [tm] eine gute Grundlage für das was auf uns zukommen sollte zu schaffen. Die Moppeds haben wir auch schon bis auf Beeze‘ Kantn alle auf den Hänger gestellt und soweit als möglich mit Gurten ohne Haken festgezurrt. Bis zu diesem Zeitpunkt herrschte auch noch völliges Durcheinander was den Abfahrtszeitpunkt angeht, dem ein oder anderen war noch nicht mal die Reisedauer bewusst, aber hey, Hauptsache es waren schon mal alle hier.
Am nächsten morgen ging’s dann endlich los. Den Hänger haben wir an Germs Bus gehängt, damit fuhren wir dann zu Beeze, wo wir seine KTM aufgeladen, und den Hänger an den Landi umgezogen haben. Beeze, wie immer top vorbereitet, musste dann nur noch schnell tanken, essen und trinken kaufen und etwa 4 m³ Luft in jeden seiner Riesenreifen pumpen, um dann direkt die Auffahrt auf die Bahn zu verpassen. Nicht schlimm so ne halbe Stunde schweizer Landstraße, wir hatten ja Zeit, denn heute noch am Zielort ne Runde zu drehen haben wir eh schon abgeschrieben. Die Fahrt verlief ohne nennenswerte Verzögerungen ab, nur mal ein kleiner Ministau kurz vor Turin, der aber nicht mehr als fünf Minuten gekostet hat, eine Tankstopp mit Eis für alle und V-Power Diesel für den T4. Das Hotel war gut zu finden, wir haben die Enduros und die BMW abgeladen und in die Garage gestellt und wenig später kam auch tinu, der sich die Anreise von Zürich aus direkt auf seiner GS gegeben hat. Guter Plan, wie ich meine, denn wir hatten ideales Reisewetter.
Am ersten Tag nahmen wir die LGKS von Süden her unter die Räder. Bei Kaiserwetter starteten wir gegen neun Uhr um bald darauf der stotternden XT von Mounty durch festdrehen des Masseanschlusses an der Batterie die Macken auszutreiben. Der Einstieg zur LGKS war anfänglich recht grobschotterig und zum Eingewöhnen schon recht heftig, doch nach einigen Kilometer war die Schotterpiste auch für Enduroneulinge gut fahrbar. Gegen 15 Uhr beschlossen wir die Schotterpiste zu verlassen, und den Nordteil den nächsten Tag unter sie Stollenreifen zu nehmen. Abends am Hotel wurden die losen und abgefallenen Teil wird festgeschraubt und dann zum Standard-Abendprogramm umgeschalten. Kaffee, Bier, Essen, Kaffee, Bier, Bett. A propos Essen, das war wirklich vom Allerfeinsten. Jeden Abend prima (mit Nachschlag) und secondi piatti, danach dolce, zum Beispiel Eis mit Schlämbe, oder Kuchen mit ultrahochkonzentrierter Schokolade.
Zweiter Tag, der Nordteil der Grenzkammstraße steht auf dem Programm. Wieder super Wetter als wir um halb zehn dort hin fahren, wo wir gestern aufgehört haben. Nette, staubige Auffahrt rauf auf 1700 m und weiter Richtung Norden. Beeze voraus, Germ, tinu und ich hinterher, gibt eh nur einen Weg, da kann man sich eigentlich nicht verfahren. Eigentlich. Nach einiger Zeit bleiben wir stehen und warten auf Ingolf, Mounty und Achim. Nach einer halben Stunde fahren wir weiter, irgendwo, spätestens im Hotel, wird man sich wieder treffen. Unterwegs sieht man immer mal wieder die selben Grüppchen beim pausieren und Heldentaten erzählen, man hält kurz auf ein paare Worte an, und weiter geht’s über die schwerste Stelle der LGKS hoch auf knapp 2200 m und plötzlich, etwa 45 Minuten vom Hotel weg steht Ingolf mit seiner XT frustriert am Straßenrad, direkt vor einem Käser, der am Wochenende im, für uns Flachländer, gefühlten Niemandsland seinen Käse verkauft. Durch das ganze Geschüttel hat sich an der Yamaha die Ritzelmutter gelöst, das Ritzel ist von der Antriebswelle gerutscht und das war’s dann mit dem spaßbringenden Vortrieb über Stock und vor allem Stein. Während ein Trupp auf die von Anfang an zum Scheitern verurteilte Mission „Nadel im Heuhaufen“ unterwegs war, beschlossen Ingolf, Beeze und ich, folgendes: Zwei bleiben bei der XT, der Rest fährt zum Hotel, dort wird die Mutter von Mountys XT geklaut – wird schon passen – und mit Werkzeug wieder zurück gebracht. Knapp zwei Stunden später bin ich mit Germ und der Mutter wieder bei der Freiluft-Werkstatt auf über 2000 m Höhe. Inzwischen zogen dicke Wolken vorbei, reduzierten die Sichtweite teils unter 20 m. Mutter passt, alle Richtung Heimathafen, coole Nummer. Gerade haben wird die Schotterpassage hinter uns gebracht, bemerkt Germ, dass ich mein Nummernschild verloren habe, grmpf, also alle Mann kehrt und wieder zurück – einige Wanderer zweifelten schon an unserem Gesundheitszustand. Glücklicherweise lag das Blech nicht allzu weit weg, so dass wir bald darauf bst-mäßig die Nordseite des Tende runter zum verdienten Feierabend kamen.
Am nächsten Morgen machten sich Moutny und Ingolf auf den Weg, eine neue Mutter samt Sicherungsblech für das Ritzel zu besorgen, die Adressen der Händler in der Nähe hat Mounty bereits am Abend vorher mit dem hauseigenen Laptop aus dem Internet rausgesucht und wir haben uns für’s Erste die Baisse de Peyrefique vorgenommen. Bei bestem Wetter starteten wir zu fünft über die 48 Kehren der Tende Südseite auf den Col de Tende wo wir mit herrlichem Blick belohnt wurden. Weiter zum Fort Marguerie, noch schnell ein Geocache Schätzchen gehoben, und über die Baisse de Peyrefique wieder in’s Tal nach Tende zur Kaffeepause und mit Wasser aus dem Brunnen. Gut erholt fuhren wir nach Süden auf die D42 an Berghe vorbei, über viele, zum Teil doppelte, noch asphaltierte Kehren, dann auf unbefestigter D40, am dachabgeflexten Jeep vorbei, wieder runter nach Fontan, dann zurück zum Hotel. Leider hatten Mounty und Ingolf kein Glück bei der Ersatzteilsuche, denn am Montag hatten alle Werkstätten geschlossen. Abendprogramm wie immer.
Der Dienstag begrüßte und erstmal unfreundlich was das Wetter angeht. Ziemlich bewölkt, aber noch trocken. Ingolf schwang sich auf Mountys XT um mit Bezze, Germ und mir ein wenig an unserem Hausberg (Tenda) zu endurisieren. Erstmnal nach Limonetto, tatsächlich die Karte stimmt, das ist eine Sackgasse. Also wieder zurück und hoch auf den Colle di Tenda zum Fort Central. Die Wolken hingen mittlerweile sehr tief und es begann leicht zu regnen. Ingolf hatte keine Lust auf Regenschotter und wartete am Chalet „Le Marmotte“ auf uns, denn wir wollten trotz suboptimaler Witterung noch ne kleine Runde drehen. Eine knappe Stunde später beschlossen wir in Limone einen Kaffee zu trinken, wo ich auf der Fahrt dahin den nicht vorhandenen Nassgrip eines Metzeler Enduro 3 bestätigte. Als wir später dann am Hotel waren, begannen wir gleich damit die Moppeds aufzuladen, damit wir am nächsten Morgen gleich losfahren konnten. Standard Abendprogramm. Am Mittwoch morgen nach dem Frühstück bezahlten wir unsere Rechnung und machten uns auf den Heimweg. Immer wieder zwischendurch, an den üblichen Stellen, stockte der Verkehr und sorgte für zähes Vorankommen im Dauerregen. Den Beeze und seine Adventure haben wir zuerst nach Hause gebracht, Hänger vom Landi an den Bus gehängt und auf in’s Badische zu Ingolf, wo ich, Ingolf und Achim ausstiegen um den restlichen Heimweg mit dem Mopped abzuspulen.
Das war’s dann! Fünf Tage Schotterspaß in den Alpen – das hat sich wirklich gelohnt und war bestimmt nicht unser letzter Enduroausflug.
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